Gratuliere, es ist ein Englisches Frühstück. Das Lighthouse Café an Bord der King Seaways böte auch noch kontinental und Holländisch (nee, ich bin immer noch sauer wegen der verdammten Bodenschwellen). Der Nährwert des Full English erscheint mir dagegen genau richtig für den ersten Tag.
Um 8:45 Uhr wird Gerd langsam nervös, während ich mich noch entspannt zurücklehne, denn da, wo wir ankommen, gehen die Uhren etwas anders – es ist eine Stunde früher. Gegen 10:45 stehe ich endlich an Land und verabschiede mich für zwei Wochen von Gerd.
Danach heißt es einkaufen für heute und morgen: morgen ist Sonntag, und da, wo ich heute hinfahre, haben die Läden sonntags sicher nicht offen: Culzean Castle an der Westküste. Mein Navi zeigt mir ein paar Supermärkte an (POIs – eine geniale Sache), doch schon der erste ist nicht da, wo er sein sollte. Unglaublicherweise führt mich meine geplante Route aber direkt zu einem Morrisons mit angeschlossener Tankstelle. Hatte ich nicht mehr gewusst (ist ja nicht meine erste Fahrt durch Newcastle) und nehme das dankbar als Zeichen meiner weisen Voraussicht und temporär vorhandenen Genialität.
Internet unterwegsWas mir zuhause noch einfach und schlüssig erschien, stellt mich hier vor ein kleines Problem. Ich kaufe gleich mal für 99 Pence eine SIM-Karte, die ich aktivieren muss und dann aufladen kann, je nachdem, wie viel Daten ich zu brauchen glaube. Doch: der Beipackzettel lässt mich etwas im Unklaren, ob ich damit nicht ein Abo abschließe, das länger als einen Monat gilt. Ich frage im Morrisons nach, doch die Angestellte kann mir nicht weiterhelfen. Jetzt bei Vodafone anzurufen ist mir zu blöd, also suche ich die SMS mit den Roaming-Gebühren meines Providers, zucke mit den Achseln und lasse es gut sein – wie sich später rausstellt, die richtige Entscheidung: für WhatsApp brauche ich nicht viel, den Rest meiner Apps blockiere ich mit einer Firewall. |
Kurz hinter Newcastle beginnt bereits der Northumberland National Park. Den kenne ich noch vom letzten Jahr. Man biegt von der A69 ab und ist sofort auf einsamen Straßen und zwischen Steinmauern unterwegs, so typisch englisch. Die Landschaft gleicht sich die nächsten Kilometer: flach, grün, mehr Kühe als Schafe.
Kurz vor 13 Uhr überquere ich schließlich die Grenze nach Schottland, und ein paar Minuten später mache ich meine erste Pause neben einem alten Friedhof. Ich futtere gerade meine Banane und betrachte die alten Grabsteine, als neben mir ein kleines rotes Auto einbiegt. Das ältere Paar fragt mich, wo ich her käme und ob ich schon im Lake District war. Sie sind schwierig zu verstehen, ich muss ein paar Mal nachfragen. Der Friedhof ist noch in Benutzung, und sie gehen zum Grab der Mutter der Frau.
Ich fahre weiter über Annan und Dumfries (das wollte ich doch dieses Mal umfahren 🙁 …) und biege in Crocketford (!) wieder rechts ab in den Galloway Forest Park. Hier wird’s richtig spaßig: kurvig und schnell mit Überholmanövern auf engen Straßen. Und ja, das geht: die Autofahrer sind sehr entspannt und machen Platz. Tun sie es nicht, sind es Deutsche (Oder Inder. Oder Japaner).
Strecke des Tages
So schön es bis jetzt schon war, die B7027 ist das Highlight. Von der A75, auf der ich nach dem Forest lande, biege ich wenige Meilen später rechts ab und darf jetzt auf einer wunderbaren Single Track Road Richtung Girvan fahren. Am Ende geht’s über eine Kuppe und vor mir liegt und riecht das Meer, geradeaus blicke ich auf eine kleine Insel vor mir, Ailsa Craig, den Elisabethfelsen.
Schock des Tages
Hatte ich Svenja erwähnt? Die mit ihrer Green Cow die Straßen Europas unsicher macht. Auf jeden Fall hatte ich noch die Preise der Campingplätze im Auge, die sie beschreibt, und nun: auf dem Platz des Camping und Caravanning Clubs beim Culzean Castle zahle ich 20,50! Pfund Sterling!! Klar, hätte ich nicht müssen. Doch es war ein langer Tag und ich bin nur froh, dass ich endlich angekommen bin – so schön es auch war. Also mache ich eine freundliche Bemerkung, die der Betreiber freundlich erwidert (wirklich, ehrlich), suche mir einen schönen Platz und baue das Zelt auf.
Flop des Tages
Nach dem Aufbau schnappe ich meine Leier und marschiere zum Culzean Castle, ein Marsch von ungefähr 20 Minuten. Erst schaue ich mir ein bisschen das Gelände an und freue mich, dass es so schottisch ausschaut. Im Hotel, das hier untergebracht ist, gibt es wohl eine Abendveranstaltung, und die beiden jungen Männer im Kilt (yes!) und deren Begleiterinnen schauen neugierig (oder peinlich berührt) auf den kamera- und tauchertaschentragenden Bayern. Das Castle ist nett und unspektakulär, und ich gehe ein Stückchen zurück, setze mich auf eine Bank, packe die Leier aus, und merke, dass ich den Gurt zum Umschnallen im Topcase meines Mopeds VERGESSEN HABE. Mein Fluchen muss man bis Durness gehört haben.
Bekanntschaft des Tages
Etwas frustriert mache ich mich auf den Rückweg, packe meinen Kocher aus und will ihn gerade anschmeißen, da werde ich von einem meiner Campernachbarn angesprochen: „… wanna beer?“ Klar will ich und setze mich zu zwei englischen Familien aus der Nähe von Newcastle, zu David und Tracy, Melvin und Liz, und zu Harry (10). Wir trinken Bier, Wein, bayrischen Whisky.
David zeigt Kartentricks, Harry bietet mir ständig Fruchtgummis an, es wird ein gemütlicher Abend.