Drehleiertour – Teil 2

Es regnet. Gestern Abend konnte ich mein Zelt auf dem Campingplatz noch im Trockenen aufbauen, und heute Morgen versuche ich also, das Innenzelt möglichst trocken zu verstauen. Es gelingt mir ganz und gar nicht. Also alles irgendwie aufs Moped geschnallt, und weiter geht’s.

Es regnet den ganzen verdammten Tag lang. Nach zwei Stunden bin ich nass und kalt, muss aber unbedingt versuchen, die Schwarzwaldhochstraße zu fahren… selbst schuld. Bei Allerheiligen breche ich ab und flüchte ins Tal, von 3°C nach 9°C.
Für Guido bin ich etwas zu früh dran. In sehr weiser Voraussicht habe ich schon mal ein Zimmer in einem Berggasthof auf dem Kandel gebucht (Handy und Book*.com sei Dank). Ich fahre erst dorthin, schäle mich aus den nassen Klamotten, wärme mich auf, zwänge mich wieder rein in die nassen Klamotten und fahre zu Guido Falke.

Guido lebt in einer Wohngemeinschaft auf drei Ebenen. Unten Wohnraum, oben Werkstatt. Wir treffen uns in der Mitte, und Guido fängt zu erzählen an. Dass er bei Sebastian Hilsmann gelernt habe, von dessen Professionalität er hörbar schwärmt. Ich wiederum erkläre ihm, warum Sebastian für mich nicht in Frage kommt – seine günstigsten Leiern beginnen bei knapp 6.000 €, und ich bin Anfänger und Leierlaie. Mit Sebastian hat Guido dessen Firma hochgezogen, sie sind Freunde und spielen zusammen Projekte (Unkenschnabel). Allerdings möchte Guido jetzt mal sein Ding machen, und so hat er ein eigenes Drehleiermodell entworfen, die “Dwarf”, und bastelt bereits am nächsten, am “Giant”.

Er spielt mir auf einer gerade fertig gewordenen Dwarf vor, und das Instrument klingt ausgesprochen warm und angenehm, mit einer dezenten Schnarre. Optisch ist sie die schönste Leier, die ich bis jetzt gesehen habe, mit einer wunderschönen seidenmatten Altholzlackierung.

Ein Jahr Wartezeit. Mann, das kann doch nicht sein. Auch der Preis für die Grundversion (ohne die ganzen tollen Sachen, die ich kennengelernt habe und haben muss) kann sich sehen lassen – ich höre meine Brieftasche leise weinen. Aber dann passiert es: ich entdecke im Regal noch eine Leier, und nachdem ich ja jeden nach einem Leihinstrument frage, frage ich Guido nach dieser. Es ist sein Gesellenstück, dass er bei Sebastian Hilsmann angefertigt hat, angelehnt an dessen Modell “Vivace”. Ich bitte ihn, mir etwas vorzuspielen, und der Klang haut mich fast um – so und nicht anders soll meine zukünftige Leier klingen.

Dann die Frage – würde Guido die denn eventuell verkaufen? Er erzählt mir, dass er viel mit ihr erlebt habe, doch schon länger mit dem Gedanken spiele, sie herzugeben. Und offenbar bin ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Wenn ich sie haben will, kann ich sie haben.

O mein Gott. Komme ich wirklich mit einer Leier nach Hause?
Nein, das tue ich nicht. Spontanität ist ja ganz modisch, doch ab einem gewissen Preis sollte man mindestens noch ein-, zweimal drüber schlafen. Guido wird mir die GS (der Kalauer muss sein) bis kommende Woche auf jeden Fall reservieren, und dann muss er sie noch etwas überholen, und dann wäre sie wahrscheinlich schon zu meiner Schottlandreise einsatzbereit. So, er hat’s geschafft, mein Jagdinstinkt ist geweckt.

Trotzdem: meine Reise und meine Recherche ist nicht komplett, solange ich nicht bei Beat war. Ihn brauche ich noch, um sicher zu werden, was ich genau will. Leider hat er morgen (Sonntag) keine Zeit, und deshalb vereinbare ich mit ihm einen Besuch für Mittwoch. Und fahre 7,5 Stunden im Nieselregen von Freiburg nach Hause.

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