Verschlafen mach ich mich nach dem Frühstück auf den Weg in die Stadt, auf der Suche nach einer Bank. Unser B&B akzeptiert keine Karten und unser Bargeld reicht nicht mehr ganz. Bis ich dann tatsächlich einen Geldautomaten finde, irre ich eine wenig durch die überschaubare kleine Stadt (?) und komme am Matt Molloy’s vorbei. War offenbar mal die Attraktion in Westport, soll aber mittlerweile eher zur Touristenfalle verkommen sein – wie auch immer, wir werden es diesmal nicht rausfinden.
Unser erster Ziel heute heißt Kylemore Abbey, und wir freuen uns drauf – Mal sehen, ob der Eindruck, den man von den vielen Fotos bekommt, die überall kursieren, annähernd mit der Wirklichkeit übereinstimmt.
Es nebelt, und als wir uns auf verschlungenem Weg der Abbey nähern, beginnt es ein wenig zu tröpfeln.
Plötzlich stehen wir in einer Schlange von ca. 7 Autos, die hinter einem Bus und vor einer uneinsehbaren Kurve warten. Die Geduld der Menschen hier ist unglaublich; auch wir warten zwei, drei Minuten, und in dieser Zeit rührt sich absolut gar nichts – auch kein Gegenverkehr. Mir wird die Warterei zu viel und wir ziehen an den Autos und am Bus vorbei – der Fahrer, so scheint es, weiß einfach nicht, wo er weiter muss und unterhält sich mit jemanden, der ihm das offenbar erklären kann. Und keiner hupt. Und keiner überholt. Nur wir.
Irgendwie sind diese Leute zu beneiden… das mach mal bei uns in good old Bavaria.
Wir fahren auf den Parkplatz von Kylemore Abbey. Der junge, sehr freundliche Parkplatzwärter kommt gleich rüber und bittet uns, nicht innerhalb der Markierungen zu parken, da heute sehr viele Besucher erwartet werden. Er weist uns einen unmarkierten Stellplatz am Zaun zu, der den Platz umgibt.
Das Nieseln hat aufgehört, doch noch entledigen wir uns der Regenkombis nicht.
An der Kasse erkennt man meinen Dialekt (hab ich einen 😉 und die ältere Dame drückt mir einen deutschen Lageplan in die Hand. Es geht los.
Als Erstes besichtigen wir das Haupthaus der Abbey und machen uns mit der Geschichte vertraut. Die Art der Ausstellung wirkt ein wenig antiquiert, aber irgendwie auch sympathisch und beruhigend – ich fühle mich wohl, und die anderen Touristen, die nun immer zahlreicher werden, stören mich nicht: wenn man sich ansieht, lächelt man.
Natürlich wollen wir alles sehen, wenn wir schon mal hier sind. Also wandern wir den ausgewiesenen Wanderweg entlang und am Mausoleum vorbei Richtung Kirche.
Wir wandern weiter den Pfad entlang, und als es nicht mehr weiter geht, geht’s zurück zum Haupthaus.
Von dort gibt es wegen der Weitläufigkeit der Anlage einen Bustransfer zum „Walled Garden“, genauer gesagt fährt alle 15 Minuten ein kleiner stinkender Bus. Wir quetschen uns rein und senken den Altersdurchschnitt sofort auf 70 Jahre.
An der „Teestube“ speit uns der kleine Stinker aus. Das T in Tee-Stube steht für „Touristen kaufen alles, nur viel teurer“. Trotzdem, auch wir möchten mindestens einen Kaffee und einen Kuchen, blechen einen Haufen Geld dafür und setzen uns nach draußen, wo das Wetter langsam immer besser wird.
Der Ausblick von hier in die umgebende Landschaft ist wundervoll. Kein Wunder, dass Mr. Henry ausgerechnet diesen Platz gewählt und dieses Schlösschen hier her gesetzt hat.
Der ummauerte Garten ist 2,4 Hektar groß. Es gibt einen Blumen- und einen Küchengarten.
Ursprünglich soll es hier 21 Gewächshäuser gegeben haben, doch die meisten sind verfallen und sollen nach und nach wiederhergestellt werden.
Wir genießen die Zeit, wandern durch die Anlage, besuchen das Haus des Gärtners. Mary versucht (wie immer), Pflanzen zu erraten. Und meist trifft sie ins Schwarze.
Es werden immer mehr Menschen. Irgendwann ist es gut und wir machen uns langsam auf den Rückweg, nehmen nochmal den Bus und verlassen Kylemore Abbey.
Bei einem kurzen Tankstopp ein paar Meter weiter spricht uns ein Mann an, der einen Leihwagen fährt. Er ist Amerikaner, kommt regelmäßig nach Irland und liebt dieses Land. Er fährt selbst Motorrad und beneidet uns um die Tour.
Durch eine traumhafte weite Landschaft, zwischen den Hügeln von Connemara geht es jetzt weiter. Ich kann mich nicht satt sehen an der unglaublichen Kulisse – eine der schönsten Strecken, die wir fahren werden.
Galway haben wir als Ziel ausgeschlossen. Keiner von uns hat jetzt Lust auf Stadtleben, und außerdem sind die B&Bs hier richtig teuer – zu teuer. Wir beschließen, in einem kleinen Städtchen ca. 30 km hinter Galway zu übernachten und unsere erste längere Pause einzulegen; immerhin sind wir nun seit 10 Tagen unterwegs.
Fazit: Kylemore Abbey ist ein Muss. Auch wenn jeder hinfährt – die Anlage bleibt eine der schönsten Erinnerungen.
Tagesetappe
179 km von Westport über Kylemore Abbey nach Kinvara