18. Juni – Ballyshannon – Ballina

Als wir aufwachen, haben wir uns die Bettdecke vom Leib gestrampelt. Die Heizdecke ist unglaublich – die aufgenommene Wärme sollte die nächsten Tage reichen.

Mais Haus und die Zimmer sind wunderschön eingerichtet, verspielt, geschmackvoll… zum Wohlfühlen.
Sie ist schon auf und fuhrwerkt in der Küche. Der Frühstückstisch ist ein Traum, und es gibt sogar Erdbeeren!

Viel besser geht der Start in den Tag nicht

Viel besser geht der Start in den Tag nicht

Das ist kein gewöhnliches B&B,…

Das ist kein gewöhnliches B&B,…

… und hier passt sogar eine solche Lampe perfekt ins Ambiente.

… und hier passt sogar eine solche Lampe perfekt ins Ambiente.

Es geht weiter – heute machen wir wieder Kultur. Zuerst geht’s ein Stück in die Berge, über nicht mal so enge Straßen.
Das Wetter hält, die Regenwolken hängen trotzdem über dem Gipfel des Benbo, und ab und zu scheint ein Streifen Sonne durch und taucht die Umgebung in ein etwas mystisches Licht.

Als wir auf einem kleinen Parkplatz am Glencar Lough halten, erscheint mir die Idee, ein paar hundert Meter zum Glencar Waterfall zu wandern, die ich gestern noch sooo toll fand, auf einmal gar nicht mehr prickelnd. Ein Wasserfall. Pah (guckst Du hier – DAS ist ein Fall, aber hallo!). Und dann passiert es: Als ich gerade wieder anfahren will, kommt mir in der Einfahrt zum Parkplatz ein Auto entgegen. Frontal. Und macht keinen Meter Platz. Der Fahrer gestikuliert. OK, kein Stress. Dann lasse ich mich halt etwas zurückrollen, passe nicht auf und… kippe mit Mary hinten drauf langsam zur rechten Seite. Wir stehen auf und lachen erstmal – offenbar kann uns jetzt so schnell nichts mehr erschüttern.

Blick vom Parkplatz auf die Landschaft hinter dem Glencar Lough. Schafe. Schon wieder.

Blick vom Parkplatz auf die Landschaft hinter dem Glencar Lough. Schafe. Schon wieder.

Der nächste Stopp ist Pflicht. In Drumcliff, auf einem kleinen Friedhof einer kleinen Kirche besuchen wir das Grab von William Butler Yeats und seiner Frau Georgie. Es erscheint ziemlich unscheinbar, jedenfalls kleiner und bescheidener als der Souvenirladen, den man auf dem Weg zur Kirche passiert. Wir bleiben kurz und genießen die Ruhe.

"Cast a cold Eye on Life, on Death. Horseman, pass by." Hier ruhen Georg(i)e und William.

„Cast a cold Eye on Life, on Death. Horseman, pass by.“ Hier ruhen Georg(i)e und William.

Ein Blick in die Kirche in Drumcliff.

Ein Blick in die Kirche in Drumcliff.

Wenn ich tatsächlich der Meinung war, Mais Wärme würde halten, weiß ich es jetzt besser. Wir gehen auf einen Kaffee in den Souvenirladen und finden ihn ziemlich voll mit (irischen) Touristen. Trotzdem ergattern wir einen Platz, und als ich dann noch der Bedienung das Wechselgeld abgejagt habe, das sie aus irgendeinem Grund behalten wollte (vielleicht sammelt sie deutsche Euros), wird es uns schnell wieder warm.

Durch Sligo geht’s mit Stopp-and-go. Mann, wenn ich an meine Fahrprüfung zurückdenke und dieses verdammte „rechter Fuß – linker Fuß“… mein Fahrlehrer sollte mich hier mal sehen.

Kurz hinter Sligo erreichen wir dann den Höhepunkt des Tages – ja, tatsächlich. Mary sieht das ein bisschen anders und vertieft sich auf dem sonnigen Parkplatz in ihren Ebook-Reader, aber ich geb mir jetzt Geschichte: auf dem Carrowmore Megalithic Cemetery.
Es ist unglaublich. Ich wandere langsam mit einem Zettel, den ich am Eingang erhalten habe, das Gräberfeld ab. Es ist fast nichts übrig, und man kann nur mit viel Fantasie das Bild einer Zeit vor über 5.000 Jahren beschwören. Das ändert sich, als ich zum Eingang des großen Cairn komme, das rund um den Dolmen von Listoghil aufgeschüttet ist. Unweigerlich versucht man sich vorzustellen, was die Menschen damals bewegt hat, was sie dachten, wie sich ihr Leben abgespielt hat. Und bei der Berührung des Dolmen fährt mir die Ehrfurcht bis in die Fingerspitzen.
Die Geschichte des Gräberfeldes kann man in einer kleinen Ausstellung im Eingangsgebäude nachlesen, genauso wie Infos über das Leben der Menschen damals.

Eine Wiese, ein abgemähter Streifen, und das Cairn.

Eine Wiese, ein abgemähter Streifen, und das Cairn.

Eingang in das Cairn mit Blick auf den Dolmen.

Eingang in das Cairn mit Blick auf den Dolmen.

Der Dolmen von Listoghil

Der Dolmen von Listoghil

Auch auf dem Knocknarea gibt es ein Cairn - das vermeintliche Grab der mythischen Königin Medb.

Auch auf dem Knocknarea gibt es ein Cairn – das vermeintliche Grab der mythischen Königin Medb.

Ich hole meine Frau wieder aus der Sonne, und als wir uns fertig zu weiterfahren machen, kommen drei Trikes aus deutschen Landen inkl. Doppelbesetzung angefahren – wir sagen kein Wort. Sich in Irland mit Landsleuten zu verbrüdern, und dann noch mit Landsleuten auf Dreiradln… sie haben’s dann doch gemerkt. Wird unser Nummernschild gewesen sein.

Ein paar Kilometer fahren wir zurück Richtung Sligo und kaufen noch einmal ein, denn uns ist das Wasser ausgegangen.

Ungefähr 50 Kilometer weiter machen wir uns auf die Suche nach einem Café. An der Küste entlang fahren wir durch ein paar kleinere Dörfchen, doch nirgends ist etwas zu finden, das entfernt nach Offen aussieht. Schließlich biegen wir vor Easkey Richtung Meer ab und halten auf einem Aussichtsplatz neben einer roten Bank und einem Gedenkstein.

Kleine Pause bei Easkey

Kleine Pause bei Easkey

Die Geschichte vom Stein

Dieser Stein soll offenbar an Shane Munnelly erinnern. Wir haben gerätselt, warum ausgerechnet hier ein Gedenkstein liegt, noch dazu mit dem Symbol eines Ankers. Freitod im Meer? Tragisches Unglück?

Bei der Recherche im Internet fand ich folgende Geschichte:
„Shane Munnelly, 18, of Easkey, Co Sligo, died when a car in which he was a passenger collided with a stone shed near his home on Saturday night.“ [Quelle]
Unklar bleibt, was der Stein an dieser Stelle macht – welchen Bezug hatte dies hier zu Shane? War es sein Lieblingsplatz? Mit dem Abenteuerspielplatz im Turm und dem Meeresrauschen?

Der Gedenkstein soll an Shane Munnelly erinnern

Der Gedenkstein soll an Shane Munnelly erinnern

Es ist deutlich erkennbar - ich bin an die 5.000 Jahre klüger

Es ist deutlich erkennbar – ich bin an die 5.000 Jahre klüger

Der Turm zieht mich in seinen Bann. Während Mary sich den Wind durch die Haare und um die Nase blasen lässt, knacke ich à la MacGyver das Turmtor und klettere hinein. Romantik käme vielleicht auf… ohne Dosen und Unterhosen, dem restlichen Dreck, der hier nicht näher beschrieben werden will, im Dunkeln, mit zwei Kerzen und einer Flasche Wein, und vielleicht dann doch eher draußen auf der Bank.
Auf jeden Fall wissen wir jetzt, wie es in einem kleinen irischen Turm aussieht, der einfach so an der Küste rumsteht.

Die ausgefuchste Absicherung hielt mich nicht davon ab…

Die ausgefuchste Absicherung hielt mich nicht davon ab…

…das Innere des Turms näher zu erkunden. Ich habe mir nichts eingefangen.

…das Innere des Turms näher zu erkunden. Ich habe mir nichts eingefangen.

Die Unterkunft in Ballina ist dieses Mal ein Griff ins Klo: bis weit in die Nacht hinein wird ein Quiz, das innerhalb des Lokals stattfindet, über die Aussenlautspecher übertragen. Da keiner von uns Lust hat, in die Versammlung zu platzen, müssen wir wohl oder übel mit Ohrenstöpseln schlafen. Die Räume sind frischest renoviert und stinken nach Farbe.
Das angeschlossene Restaurant ist jedoch ausgesprochen gut, vielleicht etwas teuer – verdient haben wir es heute auf jeden Fall.


Tagesetappe

151 km von Ballyshannon nach Ballina

Route

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